Mittwoch, 7. Dezember 2011

Afrika liegt nackt da angesichts der euro-amerikanischen Militäroffensive



von Glen Ford
am 1. Dezember 2011
Fast die ganze Welt unter US-Kommando
 Während die USA und ihre NATO-Alliierten nach Süden vorstoßen, um ihren Griff um Afrika weiter zu verstärken nach der Besitzergreifung von Libyen und seinen riesigen Ölfeldern, scheinen die meisten der afrikanischen Führer die Wiedereingliederung ins Imperium willkommen zu heissen. AFRICOM steht bereits in einer günstigen Position, in die sie von den Afrikanern selbst gebracht wurde.

Die USA mit ihren Alliierten sind in einer asiatischen und afrikanischen Offensive begriffen, einem mehrgleisigen Überfall, der in manchen Regionen einem Blitzkrieg gleicht. Diese besessene Aggression erlebte bereits in ihrem ersten Jahr die Verwandlung der NATO in ein Expeditonskorps, um das harmlose libysche Regime in Libyen zu zerschlagen, und ist jetzt dabei, die säkulare Ordnung in Syrien zu stürzen. Obwohl man sich auf jahrelange Pläne für offene und verdeckte Regime-Wechsel in ausgewählten Ländern stützte, in vollem Einklang mit dem historischen Imperativ des globalen Kapitals, den Planeten in einen geschmeidigen und Washington, London und Paris hörigen Markt niederzuknüppeln, stieß die gegenwärtige Offensive auf eine besondere zeitliche Entwicklung: die Alptraum-Vision eines arabischen Erwachens.
Die Perspektive eines arabischen Frühlings zu Beginn von 2011 rief eine allgemeine Hysterie in den imperialen Hauptstädten hervor. Plötzlich starrte man ins Gesicht des geopolitischen Todes durch die Hand der arabischen „Straße“. Washington versteht sehr gut, dass das Entstehen von arabischen Regierungen, die den Willen des Volkes widerspiegeln, bald dazu führen wird, wie Noam Chomsky so gerne sagt, dass die USA aus der Region „hinausfliegen“ - die Totenglocke, nicht nur für den ölhungrigen Westen, sondern auch für die Zweigstellen des internationalen Kapitals in den autokratischen Jauchegruben des Persischen Golfs.
Geier über Libyen
Mit den Jahrhunderten euro-amerikanischer Herrschaft vor Augen, machten Washington, London und Paris eiligst aus der NATO das Instrument für eine „Shock and Awe“ Operation gegen das bevorzugte Opfer in Nordafrika: Muammar Gaddafi. Der Schwung dieser Machtdemonstration hat in seiner Erweiterung imperiale Gehilfen in die Straßen von Damaskus gebracht. Aber Afrika ist die anfälligste Region auf dem Kriegspfad der USA, ein Kontinent, reif zum Pflücken dank der unzählingen Verknüpfungen von Afrikas politischer und militärischer Klassen mit dem Imperialismus. Die Vereinigten Staaten und ihre Alliierten, vor allem die Franzosen, sind in einer Position, den größten Teil Afrikas zu „schnappen“ mit der Kollaboration der meisten seiner Regierungen und besonders seiner Militärs.
"Unsere" Interessen

AFRICOM, 2008 von der Bush-Verwaltung geschaffen und jetzt voll und ganz die Kreatur von Obamas „humanitärer“ Interventions-Doktrin, beansprucht die militärische Verantwortung für den gesamten Kontinent außer Ägypten. Das US-Militärkommando hat eine verwirrende Sammlung von Allianzen mit regionalen Organisationen und Länderblocks versammelt, die alle Länder auf dem Kontinent umfassen, mit wenigen Ausnahmen, die aber schon das Fadenkreuz auf dem Rücken tragen. Während die USA mit brutaler Gewalt nach der Eroberung von Libyen südwärts voranstürmt, ist ihr Weg von den Afrikanern selbst geebnet worden.
Der lange US-Krieg in Somalia, der dramatisch durch die US-Unterstützung der äthiopischen Invasion 2006 intensiviert wurde, ist jetzt von der IGAD (Internationale Authority on Development in East Africa) abgesegnet worden unter Einschluss Äthiopiens, der Marionetten-Regierung in Somalias Hauptstadt Mogadishu, Kenya, Uganda, dem de facto französisch/ amerikanischen Protektorat Djibouti und nominell dem Sudan.

Die von Frankreich geleitete, aber nominelle UN-Operation zum Sturz des Regimes von Laurent Gbagbo in der Elfenbeinküste wurde von ECOWAS genehmigt, der Wirtschaftsunion aus 16 Mitgliedern westafrikanischer Staaten: Benin, Burkina Faso, Capverden, Elfenbeinküste Gambia, Ghana, Guinea, Guinea-Bissao, Liberia, Mali, Nigeria, Senegal, Sierra Leone und Togo.

AFRICOM veranstaltet jährlich ein gigantisches Militärmanöver, African Endeavor genannt, das afrikanische Armeen darin übt, „Standard- Kommunikationspraktiken“ zu benutzen. Den afrikanischen Armeen werden die US-Kommando-und-Kontrollprozeduren an US-Ausrüstungen beigebracht, die von US-Beratern gewartet werden. 2009 nahmen die Armeen von 29 afrikanischen Ländern an dem Manöver teil. Dieses Jahr beteiligten sich 40 Nationen an der Operation African Endeavor, was den größten Teil der Männer unter Waffen in Afrika darstellt.
Ausbildung von Afrikanern zu US-Söldnern
Noch heimtückischer ist AFRICOMS „Soldat-zu-Soldat“-Doktrin, durch die Gleichrangige in den US- und Afrika-Armeen ermutigt werden, persönliche Beziehungen auf allen Ebenen zu bilden: General-zu-General, Oberst-zu-Oberst, Major-zu-Major und selbst Hauptmann-zu-Hauptmann. Damit hofft AFRICOM, dass mit den afrikanischen Armeen dauerhafte persönliche Beziehungen hergestellt werden, egal, welches Regime an der Macht ist.
Im Sahel unterhält AFRCOM enge Bande mit praktisch jedem Staat in dem langen Streifen Landes südlich der Sahara, der sich vom Atlantik bis zum Indischen Ozean erstreckt, alles unter dem Vorwand des „anti-Terrorismus“. Dies umfasst Mauritanien, Mali, Tschad und Niger, plus Nigeria und Senegal. Im Norden hat die AFRICOM ähnliche Bande mit den Maghreb-Ländern Marokko, Algerien, Tunesien und bis dieses Jahr mit Gaddafis Libyen.

AFRICOM ist oft die wahre Kraft hinter nominell afrikanischen Aktionen. AMISOM, offiziell die sogenannte friedensbewahrende Streitmacht in Somalia, ist in Wirklichkeit aus Truppen der US-Marionetten-Staaten Uganda und Burundi zusammengesetzt, die als Söldner Washingtons agieren und hauptsächlich von den Amerikanern bezahlt werden. Bald schließen sich ihnen noch 500 Soldaten aus Djibouti an. Jahrelang war AMISOM die einzige Kraft, die das Marionettenregime in Mogadishu vor der unmittelbaren Vernichtung durch den Shabab-Widerstand rettete. Heute sind die verstärkten Kämpfer der „Afrikanischen Union“ in der Offensive, zusammen mit kenyanischen und äthiopischen Invasoren, um die Shabab in einer Zangenbewegung zu zerschlagen. US-Drohnen von Basen in Äthiopien und Djibouti bringen den Tod von oben. Folglich ist eine Armee, die nominell ein Arm der Afrikanischen Union ist, ein aktiver Teil der US-Kriegsführung im Krieg am Horn von Afrika, den die USA entfacht haben – ein Konflikt, der auch von der IGAD, dem regionalen kooperativen Verband, gestützt wird.
Es ist nur eine Zeitfrage, bevor Eritrea, ein Gegner Äthipiens und eines der wenigen afrikanischen Länder außerhalb des AFRICOM-Dunstkreises, angegriffen wird – zweifellos von nominell afrikanischen Streitkräften, mit der Hilfe von der USA und Frankreich. Sicher wird sich die völlig kompromittierte Afrikanische Union dem nicht widersetzen.
Sobald die letzte loyale Festung in Libyen gefallen war, dehnte Obama seine 'humanitären' Interventionen bis tief nach Zentralafrika aus und schickte 100 Mann Spezialeinheiten nach Uganda für den späteren Einsatz in der Demokratischen Republik Kongo, der neuen Nation im Südsudan und der Zentralafrikanischen Republik, ein französischer neokolonialer Vorposten, wohin die Amerikaner den haitischen Präsidenten Jean Bertrand Aristide nach seiner Entführung 2004 geschickt hatten. Wahrscheinlich werden die US-Green Berets die etwa 2000 Kämpfer der Lord's Liberation Army erlegen – eine Streitmacht, die die Ugander selbst hätten auslöschen können, wenn sie nicht damit beschäftigt wären, als US-Söldner sonstwo auf dem Kontinent zu agieren. (Washingtons zweiter loyaler Berufskiller in der Region ist Rwanda, das in einem Bericht der UNO als verantwortlich für Millionen Morde im Kongo bezeichnet wurde.)
Die Aggression gegen Libyen wurde unausweichlich, als Nigeria, Südafrika und Gabon sich selbst im UN-Sicherheitsrat entehrten, indem sie für den „No Fly Zone“ - Witz stimmten. Der Schwung der euro-amerikanischen Offensive strömt südwärts und wird bald den ganzen Kontinent in Brand stecken. Das Horn von Afrika ist schon ein Schlachthaus aus Feuer und Hunger, von Amerika inszeniert, aber voll und ganz von den Afrikanern und ihren regionalen Institutionen unterstützt. Im Westen legitimiert ECOWAS die imperiale Politik, während im Sahel sich die Afrikaner darum reissen, für die Amerikaner geeignete Ziele auszusuchen. Jedes Jahr versammeln sich die Miltärs des Kontinents um die Amerikaner, um zu lernen, wie sie ihre eigenen Truppen befehlen und kontrollieren können, wodurch ihre Armeen untauglich werden, um dem wirklichen Feind zu widerstehen: den USA und der NATO.
Betrogen von einer politisch/militärischen Klasse, die sich eifrig in das imperiale System zu allen Bedingungen integrieren will, liegt Afrika nackt da angesichts der euro-amerikanischen Militäroffensive.
Es wird an den Slums und dem Busch liegen, um diese Katastrophe abzuwenden. Wenn man den Amerikanern und Europäern widerstehen will, müssen die Afrikaner zuallererst ihre eigenen Regierungen bekämpfen.


Das Original liegt hier.
Glen Ford kann hier erreicht werden.

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